So tief mein Schlaf auch sein mag, ich werde dich hören. Und selbst die große Macht des Todes wird nicht verhindern können dass meine Seele dankbar mit dem Schwanz wedelt.
Mein Sam 17.04.2003 - 19.05.2004 Ich hatte einen Traum. Ich träumte von einem großen, weißen Hund, den ich im Traum "Sam" genannt hab. Ich erzählte meinem Mann dass ich so einen Hund gerne haben möchte. Dass dieser Traum wahr wird. Er hat sich auch sofort erkundigt wo man so einen Hund wohl finden könnte.
Über viele Umwege kamen wir schließlich an Gabriela Höllbacher die polnische Hirtenhunde züchtet. Wir erzählten ihr von unseren Vorstellungen und sie informierte uns über die Rassen. Zu dieser Zeit war ihre Hündin gerade trächtig und so entschieden wir uns nach langem überlegen und abwägen dass wir einen Rüden reservieren möchten. Einen Owczarek Podhalanski. Ein weißer Hirtenhund.
Im Alter von 8 Wochen konnten wir Sam dann abholen. Ich war so glücklich. Er war ein lebhafter und süßer kleiner Kerl. Damals wussten wir noch nicht was noch auf uns zukommen würde.
Sam war sicher zu Beginn schon nicht "normal", doch das viel uns nicht auf. Er hatte Probleme mit fremden Menschen, ließ sich nicht streicheln, verbellte sie und versteckte sich hinter mir. Er war total auf mich bezogen. Obwohl ihm nie ein Mann etwas getan hat, hatte er mehr Angst vor Männern als vor Frauen. Bis auf unsere Familie natürlich.
Er folgte nicht richtig und ich hatte oft das Gefühl er versteht gar nicht was ich eigentlich von ihm will. Sam hatte auch ein Problem mit dem sauber werden. Er machte zwar nicht in die Wohnung, konnte aber nicht halten bis wir auf der Wiese waren. Er zog eine Spur quer durchs Haus. Ich dachte das wäre ein Erziehungsproblem. Denn medizinisch gab es keine Hinweise auf eine Krankheit.
Als Sam cirka 6 Monate alt war, war er zum ersten Mal krank. Er hatte Bronchitis und Lungenentzündung. Wir haben es zum Glück früh erkannt und in den Griff bekommen. Trotzdem hat damit der Teufelskreis begonnen. Sam begann kurz darauf zu erbrechen. Er hat so gut wie kein Futter behalten. Er nahm rapide ab. Wir fuhren wieder zum Tierarzt, aber die Medikamente schlugen nicht an.
Wir haben Futter gewechselt und es hat sich nichts verändert. Später kam noch Durchfall dazu, oft mit Blut. Ich machte mir wahnsinnige Sorgen um meinen Kleinen. Mein Tierarzt machte dann ein Röntgenbild vom Bauch und vermutete dass sich ein Fremdkörper in Magen oder Darm befinden könnte. Das wäre die Erklärung für die Beschwerden gewesen. Wir wurden also in die Med.Vet.Uni geschickt.
Als wir in den Untersuchungsraum kamen hab ich der Ärztin mitgeteilt dass ich unbedingt beim Kopf meines Hundes bleiben müsste damit er ruhig bleibt. Er trug zusätzlich einen Beißkorb! Aber als die Assistenten Sam auf den Tisch hoben, drängten sie mich weg von ihm. Sam bekam Panik und versuchte aufzustehen. Er fiel (!) dabei vom Untersuchungstisch und entleerte sich auf den Boden. Wir wurden daraufhin aus dem Untersuchungszimmer geworfen.
Kurze Zeit später kam sie zu uns hinaus. Sie würde diesen Hund nur unter Narkose untersuchen. Der sei ja nicht erzogen und gefährlich. Ich dachte mich schmeißt es gleich um. Hätten sie mich bei ihm bleiben lassen, wäre das alles nicht passiert. Außerdem hat er ja niemanden angegriffen. Wie muß Sam sich gefühlt haben als ich weg war und er vom Tisch gefallen ist, weil 5 Leute ihn nicht gehalten haben. Die haben ihn einfach ausgelassen! Er hätte ja nicht mal schnappen können mit Beißkorb.
Ich verstand die Welt nicht mehr. Trotzdem willigte ich ein eine Narkose zu machen, weil ich Sams Problem natürlich lösen wollte.
Beim Ultraschall kam dann auch nichts Eindeutiges heraus. Es wurde noch ein Röntgen gemacht und auch das ergab nichts. Die Ärztin meinte, sie würde auch vermuten dass sich etwas im Darm befindet. Wir sollten operieren. Und wenn nichts im Darm war? Da meinte die Ärztin dass es trotzdem nicht schadet wenn der Darm mal durchgeknetet wird.
Ich ließ mich also darauf ein und Sam wurde operiert. Ich wollte natürlich dort bleiben. Bei ihm sein wenn er aufwacht. Sam war ja noch nie von mir getrennt gewesen. Doch die Ärzte schickten mich heim. Sie würden mich schon anrufen wenn sie nicht mit ihm zurechtkommen würden.
Am nächsten Tag kam dann der Anruf ich sollte sofort kommen, mein Hund lässt niemanden an sich heran. Ich natürlich gleich in die Klinik zu Sam. Zuerst mussten wir den Hund suchen (!) weil keiner mehr wußte wo er hingebracht worden war. Als wir ihn dann endlich "fanden" ging ich zu ihm und er beruhigte sich sofort. Ich ließ ihn aus dem Käfig und er urinierte auf den Boden.
Die Ärzte regten sich auf und ich sollte mit dem Hund endlich rausgehen. Später erfuhr ich dass keiner mit meinem Hund gassi gegangen war, weil sich keiner zu ihm getraut hat. Demnach war mein Hund 24 Stunden nicht pinkeln. Ich frag mich warum man mich nicht früher verständigt hat. Ich bin also kurz raus mit Sam und hab ihn dann im Auto gelassen. Ich mußte noch Medikamente holen und die Rechnung von 840,- Euro bezahlen. Gefunden hatten sie übrigens nichts. Sam hatte Salmonellen, die ganz leicht zu behandeln waren....
Tja, aber damit wars ja noch nicht vorbei. Sam hat nach der OP weiter gebrochen und Durchfall gehabt. Bis man eben die Ursache, die Salmonellen, fand. Mit den Medikamenten gings ihm dann doch schnell besser.
Ich erinnere mich an den Tag, so als wärs gestern gewesen. Ich saß im Büro, Sam lag schlafend in seiner Ecke. Plötzlich stand er auf und torkelte wie ein Betrunkener auf mich zu. Er fiel gegen den Tisch und dann fiel er ganz um. Er lag auf der Seite, zuckte, urinierte und hatte Schaum vorm Maul. Ich kniete mich neben ihn und streichelte ihn, war verzweifelt weil ich dachte mein Hund stirbt. Ich hab dann meine Eltern angerufen und nur ins Telefon geheult sie sollen kommen, Sam stirbt.
Dann hab ich meinen damaligen Hundetrainer angerufen. Er hat mich in der Situation beruhigt und mir erklärt dass dies wahrscheinlich ein Epileptischer Anfall gewesen sei. Ich beruhigte mich etwas, aber Sam war wie ausgewechselt. Als der Krampf vorbei war sprang er auf und schnappte zweimal nach mir. Er erwischte mich zum Glück nur leicht an der Hand.
Er lief vor mir davon und bellte mich an. Sam erkannte mich nicht. Und ich hatte Angst. Ich öffnete die Tür zum Büro meines Mannes Christian und Sam lief hinein. Dann schlug ich die Tür zu. Ich war an diesem Tag allein im Büro.
Sam bellte drinnen weiter bis meine Eltern kamen. Dann ließen wir Sam raus. Ich hatte für den Notfall den Beißkorb in der Hand und einen Kübel Wasser zum Abwehren falls es nötig war. Aber Sam kam nur hinausgelaufen, lief auf mich zu und leckte mein Gesicht. Er freute sich so wahnsinnig als hätte er mich ewige Zeiten nicht gesehen.
Das war Sams erster epileptischer Anfall. Der erste von einer ganzen Reihe, die schließlich zu seinem Tod führten. Wir fuhren zu einem Tierarzt den mir unser Hundetrainer empfohlen hatte und schilderten ihm die Geschichte.
Bei einer Blutuntersuchung stellte man fest dass Sam extrem unterzuckert war. Er bekam Glucose-Infusionen und erholte sich sichtlich. Doch auch die Anfälle wiederholten sich. Wir mussten immer öfter zum Tierarzt und ihm Infusionen geben lassen, da er immer wieder unterzuckert war. Wir verbrachten die meisten Wochenenden in der Praxis des Tierarztes.
Das einzige das sich geändert hatte war das Erbrechen und der Durchfall. Das war vorbei, aber die Anfälle nicht. Wir wurden wieder in die Klinik geschickt. Verdacht auf ein Insulinohm in der Bauchspeicheldrüse. Ein Insulinohm ist ein meist gutartiger Tumor in der Bauchspeicheldrüse, der zu viel Insulin erzeugt und dadurch den Körper unterzuckert.
Durch diese Unterzuckerung können Krämpfe auftreten, die wie Epilepsie aussehen. Eine weitere Möglichkeit wäre dass Sam einen eingeklemmten Nerv in der Wirbelsäule hätte und auch dadurch können, durch den plötzlichen Schmerz beim Aufstehen, Krämpfe entstehen. Wir waren also wieder in der Klinik.
Wieder eine Blutkontrolle, bei der aber die Zuckerwerte ganz normal waren. Als nächstes wurde dann eine Computertomographie vom Becken und vom Bauch gemacht. Wieder eine Narkose für mein armes Baby. Sam war zu diesem Zeitpunkt 11 Monate alt. Doch auch das Ergebnis dieser Untersuchung befriedigte mich nicht.
Beim CT vom Rücken kam heraus dass Sam anscheinend schwere HD hatte. Ich konnte mir dies nicht vorstellen, da er lief, sprang, immer ausgestreckt am Bauch lag und auch gut aufstehen konnte. Von einem eingeklemmten Nerv sah man nichts. Auch die Untersuchung vom Bauch ergab nur eine kleine Veränderung in der Bauchspeicheldrüse, aber es deutete nichts auf ein Insulinohm hin. Wir waren also so schlau wie vorher.
Und auch die Anfälle blieben. Zwar kamen sie nicht mehr täglich, sondern „nur mehr“ wöchentlich, aber Sam war danach immer so erschöpft, orientierungslos und total fertig. Es dauerte im Schnitt eine Stunde, je nach Stärke des Anfalles, bis er wieder „normal“ war. Er rannte gegen die Tür, gegen den Tisch, er erkannte mich nicht sofort. Ich war total verzweifelt. Unser Tierarzt machte noch einen letzten Ultraschall vom Bauch und auch hier deutete nichts auf besagten Tumor.
Also bekam Sam Epilepsie-Medikamente zu einer Anfangsdosis von 6 Tabletten täglich. Diese Dosis sollte er eine Zeit lang bekommen und dann sollte ich sie verringern wenn kein Krampf mehr auftritt. Ganze 34 Tage war ich der glücklichste Mensch der Welt. Sam hatte seinen letzten Anfall am Ostermontag 2004, bekam ab Mittwoch seine Tabletten und war anscheinend gesund.
Nach ca. 16 Tagen empfahl mir die Tierklinik die Dosis um eine Tablette zu verringern. 16 Tage ging es gut. Dann kamen die Anfälle wieder. Sonntag morgen hatte er leichte Zuckungen. Kurze „Aussetzer“. Doch dann ging es wieder richtig los mit hinfallen und krampfen.
Und wieder zum Tierarzt. Zucker messen. Doch da war alles in Ordnung. Er riet mir die Dosis wieder zu erhöhen auf 8 Tabletten. Das tat ich auch. Doch wer Sam gut gekannt hat und ihm in die Augen gesehen hat, hat gemerkt wie schlecht es ihm ging. Er hat sehr viel gehechelt, hat stark abgenommen. Ich fühlte mich so hilflos, so unfähig etwas zu tun.
Sonntagmorgen hatte er diesen ersten, leichten Anfall. Montag abend den nächsten, etwas stärkeren. Am Dienstag ging es ihm sehr schlecht und ich rief wieder den Arzt an. Er meinte, ich sollte die Dosis auf 10 erhöhen. Und die letzte Chance wäre, ein CT vom Kopf zu machen um zu sehen ob etwas sichtbares im Gehirn „kaputt“ sei.
Ich gab also Sam am Dienstag abend noch 5 Tabletten. Auch in der Nacht hatte er drei Anfälle. Ich legte mich zu ihm auf den Boden um ihm das Gefühl zu geben dass er nicht allein sei. Ich konnte und wollte nicht schlafen. Mittwoch morgen dann der nächste Anfall. Ich gab ihm seine Tabletten und betete. Gegen Mittag schien sich sein Zustand zu bessern. Sam ging ins Badezimmer auf seinen Lieblingsplatz und schlief. Ich saß im Wohnzimmer und schaute fern, als Sam plötzlich aufsprang und zu mir rannte.
Er sprang auf meinen Schoß und freute sich so mich zu sehen als wäre ich Stunden lang weg gewesen. Er hatte anscheinend wieder einen leichten Anfall. Denn dieses Verhalten hatte er immer nach einem Anfall gezeigt. Während und kurz nach diesen Krämpfen sind die Hunde so orientierungslos dass sie nicht merken dass jemand da ist. Wenn sie wieder zu sich kommen erkennen sie ihren „Lieblingsmenschen“ und freuen sich dann ihn zu sehen.
Dann folgten die letzten Stunden mit meinem geliebten Sam.
Gegen vier Uhr nachmittags begannen die Krämpfe erneut. Einer nach dem anderen. Ich denke es waren daheim schon um die fünf. Ich schnappte ihn und schleppte ihn zum Auto. Auf dem Weg dorthin hatte er wieder Anfälle. Immer wieder kleine, kurze Zuckungen. Irgendwie brachte ich ihn ins Auto. Man muss dazu sagen dass Sam zu diesem Zeitpunkt ungefähr 40 Kilo hatte und es ziemlich schwer für mich war ihn zu tragen. Doch er konnte auch nicht mehr richtig laufen.
Ich hatte ihn dann schlussendlich im Auto, doch er legte sich nicht. Wollte nur noch hinaus. Er stand am Rücksitz, den Kopf seitlich bei der Fahrertüre so dass er mich sehen konnte. Ich brauchte 10 Minuten von zuhause bis zu meiner Mutter. In dieser Zeit hatte er pausenlos Krämpfe. Meine Mutter setzte sich zu ihm auf den Rücksitzt.
Sie versuchte ihn zu beruhigen, doch er war richtig steif geworden. Er war nervös, kraftlos und ängstlich. Ich wusste dass ich mindestens 30 Minuten zu meinem Tierarzt brauchen würde, doch so lange würde Sam es wahrscheinlich nicht aushalten. Ich beschloss zu dem nächst gelegenen Arzt zu fahren und genau in dieser Sekunde wurde mir klar was das bedeuten würde. Ich musste Sam einschläfern lassen.
Ich konnte es nicht mehr ertragen ihn leiden zu sehen. Ich wollte nicht dass irgendjemand herum experimentiert. Als wir aus dem Auto ausstiegen brach er dann völlig zusammen. Wir mussten ihn hineintragen und auf den Tisch legen. Sein Kopf lag auf meinem Arm. Ich küsste ihn immer wieder und sagte ihm wie sehr ich ihn liebe. Ich fragte die Ärztin noch ein letztes Mal ob es wirklich keine Chance für Sam gäbe. Doch sie schüttelte den Kopf. Er bekam die Spritze und schlief in meinen Armen ein.
Er war 13 Monate alt. Ich werde ihn nie vergessen und werde nie aufhören ihn zu lieben...
Ich kann mit dem was ich geschrieben habe nicht annähernd den Schmerz zum Ausdruck bringen den ich damals empfunden habe, und den ich auch heute noch empfinde. Mir kam diese Zeit vor wie Jahre.
Ich möchte damit auch meiner Mutter danken, die so viel Zeit mit Sam und mir beim Tierarzt verbracht hat. Die bei uns war als Sam starb. Sie war und ist immer für mich da. Ich danke dir Mama dass es dich gibt.
Weine nicht
Weine nicht um mich, da ich jetzt hinausging in die sanfte Nacht.
Trauere, wenn du willst, aber nicht lang dem Flug meiner Seele nach. Ich habe jetzt Frieden, meine Seele hat jetzt Ruh.
Tränen braucht es nicht, im Gegenteil, denke an das Glück der Liebe, die uns verband.
Es gibt keinen Schmerz mehr, ich leide nicht und auch die Angst ist weg.
Mach deinen Kopf für anderes frei – Ich lebe in deinem Herzen fort. Vergiss meinen Lebenskampf, vergiss unseren letzten Streit.
Vergrab dich nicht im Jammertal, sondern freu dich -ich habe gelebt- mit dir.
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